Unser neuer Konzertmeister ab der Saison 22/23

Willkommen, Bogdan Božović!

Das Musikkollegium Winterthur freut sich über seinen neuen Konzertmeister! Im Interview erzählt er uns von seinen ganz persönlichen Highlights der Saison 22/23, Brahms in Jeans sowie seinem Lieblingsort.

Hallo Bogdan! Nach der ersten Probe: Wie läuft es, wie fühlst du dich?

Ich fühle mich gut! Es ist ein spannendes und abwechslungsreiches Repertoire, welches wir gemeinsam in relativ kurzer Zeit erarbeiten. Proben sind immer ein wichtiger, wie auch schneller Prozess. In kurzer Zeit möchte man als Orchester möglichst viel entstehen lassen. Natürlich ist es toll, ja gar ein Luxus, wenn man die Dinge direkt beeinflussen kann. Ich geniesse es, mit der Gruppe die Stücke kennenzulernen und das Gespielte zusammen zu transformieren.


Was bedeutet es, Konzertmeister zu sein?

Vor der ersten Probe ist es für mich wichtig, die Partitur genau zu studieren und zu kennen. Bei zeitgenössischen Werken ist es besonders interessant, wenn man sich bei Fragen direkt an den oder die Komponist*in wenden, sich austauschen und gewisse Dinge genau besprechen kann. Ich konnte beispielsweise für dieses Konzert mit Helena Winkelman, die ich schon sehr lange kenne, ausgiebig telefonieren und sie teilte mir auf diesem Weg mit, wie sie sich was, an welcher Stelle, weshalb auf eine bestimmte Weise wünscht.

Man muss sich in jedem Programm immer wieder neu der Musik hingeben, sich in die einzelnen Werke einleben. Das ist ein anspruchsvoller und spannender Prozess, in welchem ich mich frage, wie und wohin sich die einzelnen kleinen und grossen Phrasen im Werk bewegen, wohin sie führen sollen. Als Konzertmeister habe ich die Verantwortung, mich diesen Aufgaben vor einem Projektbeginn intensiv hinzugeben, sodass in den Proben bereits eine klare Idee vorhanden ist, wie ein jeweiliges Werk in der Gruppe gespielt werden soll.

Worauf freust du dich am meisten in Bezug auf das kommende Konzert?

Es ist ein aussergewöhnliches Programm ohne “typische”, “klassische” Werke, einfach einmal etwas anderes. Das freut mich! Solche Abende haben eine ganz eigene Art, einen zu inspirieren. Die Schweizer Volkslieder sind wirklich wunderschön. Einige habe ich gekannt, einige nicht.

Was sind deine Highlights in der Saison 2022/23?

Ich freue mich sehr auf die Konzerte mit Michael Sanderling, in welchen das Musikkollegium Winterthur Bürger als Edelmann spielt. Zudem freue ich mich auf die Metamorphosen mit Barbara Hannigan im Januar. Das Repertoire ist grossartig und sehr abwechslungsreich – es gibt vieles, worauf wir uns alle freuen können!

Was bedeutet der Begriff "Konzert" für dich?

Konzerte sind für mich immer einzigartige Erfahrungen und Erlebnisse, in welchen man die gespielte Musik mit anderen teilen kann. Es mag „cheap“ klingen, aber mit Musik kann man eben wirklich viele Emotionen ausdrücken, welche mit Worten schwierig zu beschreiben sind.

Was war dein aufregendstes Erlebnis auf der Bühne?

Da gab es ganz viele! Tatsächlich hatte ich kürzlich ein unangenehmes (lacht). Ich war neulich in Griechenland, wo wir im Freien spielen sollten. In weiser Voraussicht hatte ich wegen des windigen Wetters meine Noten eingescannt und geplant, vom elektronischen Tablet zu spielen. Während des Konzerts musste ich feststellen, dass eine Seite fehlte…

Wie bist du eigentlich Musiker geworden?

Ich bin mit vielen Schallplatten aufgewachsen und habe die Musik schon immer geliebt. Es war für mich immer klar, dass ich ein Instrument spielen möchte. Als irgendwann die Frage aufkam, welches Instrument es sein sollte, war es lustigerweise ein Zufall, dass ich mich für die Geige entschieden habe. Mittlerweile ist es mein grosses Glück.

Ich habe als Kind leidenschaftlich Ballett getanzt. Ein paar Jahre lang war auch das sehr im Fokus. Ich habe viel trainiert. Irgendwann einmal, ich glaube ich war ungefähr 14 Jahre alt, war es nicht mehr möglich, beides auf gleichem Level durchzuziehen und es war zunächst keine leichte Entscheidung. Ich tanze noch immer gerne, aber nur, wenn wenige Leute zuschauen und nicht unbedingt klassisch (lacht). Heute bin ich persönlich sehr glücklich, dass ich mich für die Karriere als Geiger entschieden habe.

Welchen berühmten Komponisten oder welche berühmte Komponistin aus der Vergangenheit hättest du gerne kennengelernt?

Ich stelle mir Brahms als super Typen vor (lacht)! Kürzlich habe ich von ihm geträumt. Ich traf ihn an einer Tankstelle an. Er war am Tanken und trug lässige Jeans.

Was würdest du denn Brahms fragen, wenn du ihn heute an der Tankstelle treffen würdest?

Ich würde vermutlich fragen, was er tankt (lacht). Spass bei Seite: Ich würde ihn natürlich ganz viel fragen wollen.

Und welche Geigerin oder welchen Geiger würdest Du treffen wollen?

Ich hätte gerne gewisse Geiger kennengelernt, von welchen man heute nicht wirklich weiss, wie sie gespielt haben, da es keine Aufnahmen gab. Joseph Joachim halte ich zum Beispiel für eine sehr spannende Geiger-Persönlichkeit!

Du bist aus Serbien und reist sehr viel herum. Wo ist denn für dich Zuhause?

Hm (lacht). Ich habe besonders dieses Jahr viele verschiedene Standorte. In Winterthur habe ich gerade mein Probejahr beim Musikkollegium Winterthur begonnen. In Kopenhagen habe ich bisher gelebt und dort lebe ich mit meinem Partner. In Hamburg bin ich derzeit auch viel. Ich bin wirklich ein „Nomade“ zurzeit und kann das nicht so klar definieren.

Hast du einen Lieblingsort?

Ich liebe Nepal! Zweimal war ich da und der Ort ist absolut magisch.

Hast du noch ein kurzes Schlusswort für uns?

Ich freue mich wirklich wahnsinnig auf diese Gelegenheit, hier zu spielen und alle tollen Kolleg*innen kennenzulernen. Ich finde es eine wunderbare Möglichkeit, gemeinsam Kreativität in spannenden Abenden mit dem ganzen Orchester leben zu lassen.

 

Vielen Dank, Bogdan, für das Gespräch. Wir freuen uns, dich in dieser Saison auf und neben der Bühne kennen zu lernen!


Nathalie Otth / Laura Müller