Beethoven goes Balkan
Fr 01.Mai 2026 18.00Es ist keine Seltenheit, dass das Winterthurer Streichquartett mit einem Gast spielt. So spielte es …
Kindermärchen, Volkslieder, ferne Zeiten: Musikalische Inspiration kann so viele Ursprünge haben! Und das Thema «Ursprünge», das Saisonthema 2025/26, hat wiederum die Dirigentin Joana Carneiro zu diesem farbenprächtigen Programm inspiriert. Den Ursprung von Maurice Ravels «Ma mère l’oye» bilden französische Märchen, die er in Musik verzaubert hat. Begonnen hatte alles als kleine Klavierstückchen für die Kinder von Freunden, und am Ende wurde daraus Orchestermusik, so duftig, wie es nur Ravel vermag. Die «Folk Songs» von Luciano Berio haben Ursprünge in Sardinien und Aserbeidschan, im Mittelalter und in Berios eigener Mailänder Konservatoriumszeit, wo er zwei der «Volkslieder» flugs selbst erfunden hat. Zu den Ursprüngen der «Folk Songs» gehört (wie so oft bei Berio) die vergleichslose und wandlungsfähige Stimme von Cathy Berberian, für die er das Werk schrieb. Berios Hintergrund als Avantgarde-Komponist schimmert in der Instrumentalbegleitung durch. Diese sei eine Art Kommentar, die uns die historischen Ursprünge, den emotionalen Ausdruck und den Verwendungskontext der Lieder präsentiere. Zusammen mit der virtuosen Singstimme ist ein Geniestreich daraus geworden: Vorsicht Suchtpotential! Zum Schluss beweist Igor Strawinskys «Pulcinella», dass Ursprünge auch inspirieren können, ohne dass man es zu genau nimmt: Die meisten musikalischen Vorlagen zu diesem Commedia dell’arte-Ballett von 1920 stammen gar nicht von Pergolesi, wie Strawinsky dachte. Das Resultat geriet dennoch (oder gerade dank dieser Lässigkeit!) wundervoll – und bildete seinerseits den Ursprung von Strawinskys «néoclassicisme».