Heimat Kiew
So 21.Jun 2026 14.00Eine Stadt wird erst dann zur Heimat, wenn sie eine eigenständige Kultur besitzt und zelebrieren …
Das Violoncellokonzert von Antonín Dvořák ist ein seltener Glücksfall: Ebenso anspruchsvolle wie zugängliche Kunstmusik, die Hirn, Herz und Ohren gleichermassen anspricht. Ein Stück, das den Konzertbesuch wirklich immer lohnt – und Interpretinnen und Interpreten jedesmal frisch inspiriert. Was könnten wir uns da Schöneres wünschen, als dieses Stück mit dem wundervollen Steven Isserlis zu hören! Dvořáks ganzes Raffinement wird da genauso hervortreten wie Dvořáks alte Liebesgeschichte, die wahrscheinlich tatsächlich zu den geheimen Ursprüngen des Werks gehört. Die alte Geschichte gehört in Dvořáks tschechische Jugend; das Konzert komponiert hat er aber in Amerika. Die «amerikanische» Musik, die man dort von ihm erwartete, war vermutlich genau der Mix aus Kunstanspruch und Publikumswirkung, der seinem Violoncellokonzert so ideal gelingt. Sein Enkelschüler Aaron Copland tat es ihm fünfzig Jahre später gleich, als er eine Ballettmusik voll glitzernd klarer, feingewobener Musik mit vielen schönen Bläsersoli komponierte. «Ballet for Martha» hiess das Werk ursprünglich. Denn für und mit Martha Graham, wegweisende Tänzerin und Choreografin der Jahrhundertmitte, war das Stück entstanden. Der Gehalt von Coplands Musik lässt sich sogar erspüren, ganz ohne die Handlung um ein junges Farmer-Brautpaar zu kennen. Fantasievolle Ohren hören bald die weiten appalachischen Hügelzüge, bald gesellige Tänze, bald die Gefühle des jungen Paars. Und ob mit dem Titel «Appalachian Spring» nun der «Frühling» oder eine «Quelle» in den Appalachen gemeint sei, ist nicht klar, aber auch egal. Zum Winterthurer Saisonthema «Ursprünge» passt zum Glück beides.