Verschollen
Mi 26.Nov 2025 09.30Ouvertüre, Solokonzert, Sinfonie – seit dem 19. Jahrhundert bildet diese Abfolge bis heute den …
«Ursprünge» heisst das aktuelle Saisonthema. Im Plural, wohlgemerkt, denn die Vorstellung des einen «Ursprungs» ist meistens entweder trügerisch oder langweilig. Wie viel spannender ist da ein schillernder Mix an Ursprüngen, wie ihn dieses Programm zeigt! John Adams soghaftes Orchesterstück «The Chairman Dances» von 1985 hat seinen Ursprung in Adams’ Oper «Nixon in China». Entsprechend absichtsvoll mischt das Stück amerikanische und chinesische Klänge, bis die pulsierende Musik abgründig ausläuft und verstummt. Bei Beethovens Viertem Klavierkonzert lässt uns hingegen der Anfang den Atem stocken: Ganz traumverloren beginnt das Klavier einfach zu spielen, noch bevor das Orchester eine Note gesagt hat. Beethoven reflektiert damit die Ursprünge von Musik überhaupt, er führt gleichsam vor, wie aus Tastendrücken, aus Improvisation, aus dem Zusammen-Spielen Musik entsteht. Im langsamen Satz stehen sich eckige «Fragen» der Streicher und sanfte «Antworten» des Klaviers gegenüber. Vielleicht ist auch dies ein «Ursprung» aller Kunst: Das Ringen um menschliche Antworten auf die unverrückbaren Fragen des Lebens. Und vielleicht ist auch das berühmte, wunderschöne Englischhornsolo im langsamen Satz von Antonín Dvořáks 9. Sinfonie eine solche «Antwort». Dass Dvořák sich bei der Melodie von afroamerikanischen Spirituals und indigener Tonleitern hat inspirieren lassen, die er mit seinem tschechischen Klangsinn in eine klassisch-sinfonische Form goss: Das alles beweist wieder, dass «Ursprünge» immer am besten im Plural stehen. Ein mitreissendes Programm der australisch-schweizerischen Dirigentin Elena Schwarz!